GEMA-Diesel

Lizenz Farmann



Ein fast vergessenes Kapitel der Dieselzwerg-Geschichte wurde im damaligen Frankreich geschrieben. Bei Nachforschungen über den eingesetzten Farymann-Dieselmotor wurden wir auf den GEMA-Dieselmotor aufmerksam, der ebenfalls in die Geschichte verwickelt ist. Mit Hilfe eines Zeitzeugen wurde es möglich etwas Licht ins Dunkel zu bringen und historische Unterlagen zu sichten.



GEMA-Dieselmotor


Auf einigen Treffen ist der GEMA-Dieselmotor schon aufgetaucht und wurde fälschlicher Weise für einen französischen Lizenzbau eines Farymann-Diesel gehalten. Dies stimmt nur teilweise, denn hergestellt wurde er im Saarland bei der Fa. „Gesellschaft für Maschinen- und Apparatebau m.b.H.“ in Sankt Ingbert. Das Saarland war nach dem Krieg zwar eigenständig, jedoch wirtschaftlich an Frankreich angebunden. Als Zahlungsmittel wurde der Französische Franc eingesetzt und das Saarland wurde einige Jahre von einem französischen Oberkommissar kontrolliert.


Im Jahr 1955 gab es eine Volksabstimmung mit dem Ergebnis, dass das Saarland wieder zu Deutschland gehören sollte. Der politische Anschluss erfolgte im Jahr 1957 und bis die DM wieder offizielle Währung im Saarland wurde, schrieb man bereits das Jahr 1959. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die saarländischen Firmen wirtschaftlich an Frankreich gekoppelt. So auch die Maschinenfabrik GEMA.



Das ehemalige GEMA-Firmengebäude in Sankt Ingbert.
Im zweiten Stock hinter der Glasfront war der Motorenbau.


Zum Kerngeschäft der Fa. GEMA zählte die Produktion von Drehmaschinen, Säulenbohrmaschinen und Bügelsägen. Die Maschinen und Motoren aus jener Zeit sind im restlichen Bundesgebiet außerhalb des Saarlandes so gut wie nicht zu finden. Die Motoren wurden ausschließlich im Saarland und in Frankreich vertrieben. Dies bezeugt auch ein damaliger Garantiepass. Nach über 60 Jahren kann zwar keine Garantieverlängerung eingefordert werden, aber das historische Dokument hilft das Rätsel zu lösen.



Auszug einer französischen Garantiekarte
„Moteur-Diesel“ von GEMA.


Die Gleichheit der Einzelteile ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch stimmen Abmessungen und Leistungsangaben der Motoren mit den Farymann-Fabrikaten überein.



Technische Daten des GEMA Moteur-Diesel.


Auf einem weiteren Prospekt ist ein Motor der ersten Baureihe mit außenliegendem Reglergestänge zu sehen. Folglich müsste die Produktion bei GEMA im Jahr 1949 begonnen worden sein. Einer Anekdote zu folge, schmuggelte der damalige Werkmeister die ersten Bosch-Einspritzteile über die kontrollierte Grenze zwischen dem Saarland und dem damaligen Deutschland.


Wie lange der Motorenbau bei der Fa. GEMA genau anhielt ist nicht zu ermitteln. Auch die genaue Stückzahl ist nicht mehr herauszufinden. Laut mündlichen Überlieferungen waren es 700 bis 800 Motoren oder auch mehr. Die letzte Serie mit ca. 120 Motoren stand ungefähr ein halbes Jahr zwangsweise in einer Halle. Die Lieferung sollte in ein südamerikanisches Land erfolgen. Aufgrund von Wechselkursumstellungen verzögerte sich die ausstehende Zahlung.


Die Motoren wurden auf Kundenwunsch mit Pumpen und anderen Geräten ergänzt. Bei der Produktion dieser Aggregate kooperierte die Firma GEMA mit der französischen Firma I.M.B. Die Abkürzung I.M.B. steht für „Industrie Mecanique de Bitche“. Diese Partnerfirma war in Bitche in Lothringen (Frankreich) ansässig. Ein Fabrikat aus jener Zusammenarbeit ist auf der folgenden Abbildung zu sehen.



Pumpenaggregat gefertigt für die Fa. IMB in Lothringen.


Unser Zeitzeuge begann im Jahr 1954 seine Lehre bei der Fa. GEMA in Sankt Ingbert. Zu diesem Zeitpunkt wurden dort Motoren und auch Dieselzwerge produziert. Jedoch zählte die Herstellung der Dreiradtraktoren nicht zum Kerngeschäft und es wurden vergleichsweise wenig Dieselzwerge gebaut. Bis zum Jahre 1956 wurden ca. 25 bis 30 Stück der Kleintraktoren montiert.


Die „GEMA-Zwerge“ wurden stets mit dem GEMA-Dieselmotor ausgerüstet welche Ihr Drehmoment an ein Jeep-Getriebe abgaben. Als Hinterachse kam ein US-Amerikanisches Fabrikat zum Einsatz, welche bei Fa. GEMA gekürzt wurde. Der Rahmen wurde von der Fa. I.M.B. geliefert, alle weiteren Fertigungsteile von Fa. GEMA in Eigenregie hergestellt. Vermarktung und Verkauf der Kleinschlepper erfolgte über die Fa. IMB.



Von Fa. GEMA hergestellter Dieselzwerg.



GEMA-Motor auf einem IMB Typ TA 201 (Dieselzwerg).


Es lässt sich vermuten, dass die beiden Lizenzbauten (GEMA-Motor und Dieselzwerg) durch die damalige französische Verwaltung des Saarlandes zu Stande kamen. Dies ist heute nicht mehr vollständig nachvollziehbar. Hinweis hierfür ist aber, dass der ursprüngliche Herstellungsort des Dieselzwerg in Sasbach nur 90 km entfernt liegt. Von Sasbach aus wurden die Dieselzwerge auch viel weiter nördlich als dem Saarland vertrieben.


Ein weiteres Rätsel bleibt auch noch ungeklärt: Der von der Fa. Farny & Weidmann in Lampertheim hergestellte Dieselmotor trug zu Beginn die Bezeichnung „Farmann“. Dieser Name war in England jedoch geschützt, sodass die Motoren frühzeitig eine Namensänderung in „Farymann“ erfuhren. Trotz dieser durchgeführten Namensänderung wurden die GEMA-Motoren ausschließlich mit der Ergänzung „Licence Farmann bzw. Farman“ betitelt.



Typenschild eines GEMA Moteur Diesel in französischer Sprache.
Nach der Beendigung der Motorenproduktion wurden die restlichen
Typenschilder als Schutzbacken für den Schraubstock verwendet.
Zwei Stück wurden nicht verwendet und blieben bis heute erhalten.



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